And it goes on and on and on

Wir verlassen Santo Domingo am nächsten Morgen (31) halbwegs ausgeschlafen und wandern fröhlich drauf los. Zunächst durch kleine Dörfer und dann über nette Feldwege treffen wir einige alte Bekannte - eine Amerikanerin, eine Britin, dazu noch einige neue Gesichter, einen Österreicher, 3 deutsche, noch mehr Amerikaner. Auf einmal sind wir fast in einem Pulk unterwegs, Lali findets toll und galoppiert fröhlich die matschigen Feldwege über die Hügel bergauf. 
Nachdem mein Frühstück gegen 11 aus einer Packung Mikado-Stäbchen aus dem 24h Automaten besteht, bin ich froh als wir an einer kleinen, wirklich wunderschönen Herberge vorbei kommen. Dort gibts für 4€ ein Baguette mit Käse und einen schönen Tee und Lali darf mit rein und schläft 45 min auf meinen Füßen. 
Von hier an wird die Etappe leider weniger schön - es bleibt zwar trocken, ist aber windig und kühl und wir laufen permanent direkt entlang großer Landstraßen. Lali muss also immer an der Leine bleiben und es geht ewig geradeaus… als wir endlich unser Etappenziel erreichen bin ich froh, Lali auch. Die rausgesuchte Herberge akzeptiert Hunde leider nur im Garten… schickt uns aber zur Municipal, wo wir für 15€ im winzigen Einzelzimmer unterkommen. Mit Bett und meinem Rucksack ist das Zimmerchen voll 😅 
Im schönen Bad direkt unterm Dach, mit offenen Dachbalken und Oberlicht und Rankpflanzen, gönne ich mir eine heiße Dusche und uns beiden dann einen Mittagsschlaf. Gegen 18:45 klingelt der Wecker und wir gehen Abendessen jagen. 
Am wirklich hübschen Dorfplatz werden wir fündig, das einzig geöffnete Restaurant. Drinnen prasselt ein Ofen und ich werfe sehnsüchtige Blicke hinein, aber Zutritt nur ohne Hund… also mache ich es mir draußen „bequem“ (bei bummelig 6 Grad). Als ich gerade Pizza und Tee bestellt habe kommen die Deutschen Jungs von gestern um die Ecke. Einer von ihnen spricht gut spanisch und versucht die Kellnerin zu überzeugen, dass wir rein dürfen, aber leider keine Chance. Solidarisch gesellen sie sich also draußen dazu, laufen aber nochmal zurück ins Hostel um sich lange Hosen, Schal und Decken zu holen 😅 
Zu uns gesellt sich noch eine Dänin sowie eine Amerikanerin und eine Britin, die gemeinsam laufen. Zu 7 sitzen wir als frierend vor dem Restaurant und essen eine Unmenge Käsepizza, bestellen alle 5 min neuen Tee und 2 Flaschen Wein für alle. Alles für den Hund 😂 Alle lieben das weiße Fellknäul und Lali liebt die Aufmerksamkeit. Alle 5 min wechselt sie den Schoß und ich bin mir sicher, sie bekommt mehr zugesteckt als mir lieb ist. 😜 
Gegen 22 Uhr machen wir uns auf in Richtung Bett, verabreden uns mit den anderen gegen 8 zum gemeinsamen loslaufen und bekommen Bammel vor dem angekündigten Schneefall… zurück im Hostel stelle ich fest, dass das Mini-Zimmer eine Notausgang-Beleuchtung hat… alles für die Sicherheit. Auf 3 qm wäre es sonst auch wirklich schwer die Tür zu finden. Durch das Insignium der Sicherheit, welches die ganze Nacht in fröhlichem Grün den Raum quasi taghell erleuchtet, schlafen Lali und ich beide relativ bescheiden. 
Um 7:15 klingelt der Wecker, ich liege eh schon ne Stunde wach, Lali auch. Packe flott zusammen, ziehe alles an was ich habe inklusive Regensachen und treffe mich mit allen anderen vor deren Hostel. Es liegt Schnee auf den Bäumen, Lali hat ihren Regenmantel an aber was wärmeres habe ich für sie nicht… 
Das ist erstmal kein Problem, bei strahlendem Sonnenschein und Schnee auf den Feldern marschieren wir die ersten Kilometer durch Felder. Das für uns zu schnelle Tempo merke ich aber schnell in den Füßen und lasse mich zurück fallen. Nach guten 12 km und Halbzeit das erste Dorf in dem nicht alles geschlossen hat - es gibt eine Osaft, ein Croissant und einen Tee für mich, endlich was zu essen. Leider wie immer draußen vor der Tür in der Kälte oder ohne Lali… im sonst menschenleeren Restaurant mit wohlig flackerndem Ofen.
Der Stop wird also kurz und wir machen uns an den Anstieg der vor uns liegt - 12 km Wald ohne irgendwas dazwischen. In den vergangenen Jahrhunderten war dies eine gefürchtete Etappe für Pilgerer, immer wieder wurden Sie in den dichten Wäldern überfallen oder fielen tatsächlich Wölfen zum Opfer. Das gefährlichste für uns ist heute zum Glück die Kälte - die hat es leider aber auch bald in sich. Nach dem ersten Anstieg beginnt es zu schneien und hört heute auch nicht mehr auf. Erst ist es noch wirklich schön, ganz allein im Winter - Wonderland, doch es bleibt nicht liegen und der Okkerfarbene Boden weicht Zentimeter für Zentimeter auf. Zwischenzeitlich holen mich die anderen wieder ein, sie hatten in einer Nebenstraße im letzten Ort ein Restaurant gefunden… ich bin neidisch aber hilft ja nix. Mehr oder minder zusammen laufen wir also den Rest der Etappe, bei dichtem Schnee und Matsch sind sie nicht mehr so schnell unterwegs. Lali ist irgendwann komplett durchnässt, außer Rücken, Kopf und Bauch, die vom Mantel geschützt werden, ist sie komplett rot - gelb gefärbt und triefnass. Sie friert, zittert sobald sie stehen bleibt und kämpft sich trotzdem tapfer jeden Schritt Vorwärts. 2 mal trage ich sie ein paar hundert Meter, stopfe sie unter mein Regencape, Saue mich damit komplett voll aber egal, Hauptsache der Hund wärmt sich kurz auf. Hilft aber nicht wirklich, sie ist einfach durch und währe ich alleine, ich würde weinen. Mein armer Hund, was tue ich ihr da an… die 12 km wollen und wollen nicht enden. Mit nassen Füßen und Matsch überall schleppen wir uns alle vorwärts und versuchen, die Fassung nicht zu verlieren. Endlich, endlich ist das Dorf in Sichtweite, passend zum einsetzenden Hagel. Wir alle fallen in die allererste geöffnete Bar ein, für mich wird auf spanisch gefragt wie es mit dem Hund ist - während ich sie einfach schon kommentarlos mit rein trage. Wenn sie hier nicht rein darf müssen die mich mit raustragen! Darf sie aber, der Besitzer hat selber einen Hund und Mitleid.

Die kleine Bar erinnert an eine Skihütte, ist urgemütlich und es brennt ein Feuer im Ofen. Wir bringen Unmengen Dreck mit rein, sind alle bis zu den Knien voll Schlamm. Als allererstes ziehe ich Lali den nassen Mantel aus, trockne sie so gut es geht ab und setze mich mit ihr auf dem Schoß direkt vor den Kamin. Alle Augen sind auf das zitternde Bündel gerichtet - alle überlegen, was sie noch für sie tun können. Der Koch, mutmaßlich der Vater des Betreibers, bringt eine Schüssel mit warmen Wasser zum Pfoten aufwärmen und ein Stück Schinken. Lali lässt sich nicht lange bitten und schläft schließlich auf einem Berg voll Jacken vor dem Ofen ein. Armes Baby! 😩♥️ 
Wir bestellen uns wie gewohnt Unmengen an Tee, dazu gibts fertig - Kuchen und super leckere Sandwiches mit Tomaten. Fast 2 Stunden sitzen wir dort, leider hat der kleine Schlaf-Raum der dazu gehört nur 7 Betten und ist bereits voll. Jose, der Betreiber, organisiert mir aber ein Bett mit Hund im nächsten Ort und fährt uns dann auch noch dorthin! Die Rucksäcke der Jungs nehme ich mit, sie wollen aber laufen und nicht schummeln. Ich bin dankbar, dass ich die 4 km nicht mehr laufen muss, vor allen Dingen aber würde ich Lali keinen Meter mehr antun heute! Im Hostel angekommen sind wir die einzigen, der riiiiiiesige Schlafsal alleine macht mir Angst, wir nehmen den kleinen Raum mit 4 Doppelstockbetten nebenan. Die Betreiberin hier ist super nett, so Hundefreundlich war es noch nie. Sie bringt mir eine extra Hunde Decke und erklärt, Lali dürfe auch ruhig aufs Bett, das wäre ja viel schöner für sie nach dem langen Tag. Die Jungs holen ihre Rucksäcke ab und sind im Hostel nebenan - mal sehen, wann wir die das nächste  mal treffen. Für uns gibt es in der hauseigenen Bar ein tolles Abendessen, ein Gast hat selber einen Hund vor der Tür sitzen und bringt Lali Futter! (Sie wird sich sicher morgen kratzen, aber egal, Schinken und spanisches Hundefutter hat sie sich heute verdient!). Zu uns gesellt sich noch eine Österreicherin, die bei mir im Zimmer übernachten wird. Wir philosophieren über die Corona - Politik in Deutschland und Österreich und der Tag geht überraschend schön zu Ende. Der Schnee taut, die Sonne kommt raus und auf dem hübschen Dorfplatz blühen die Kirschen. 
Lali und ich schlafen gut und tief und fest, bis 8! Beim ersten Blick aus dem Fenster - 3cm Schnee, mindestens. No way! Wir gehen die Morgen-Runde um den Dorfplatz und ich stelle fest, es ist nicht nur super kalt sondern auch verdammt glatt. Über Nacht haben die Temperaturen drastisch angezogen, es hat Minusgrade. Nie im Leben tue ich Frau Hund das heute nochmal an - wir lassen den lieben Gott einen guten Mann sein und bleiben wo wir sind. Eventuell nimmt uns Jose, der nette Bar Betreiber von gestern, heute Nachmittag noch mit nach Burgos. Dort wollte ich eh einen Rest-Day machen… erst ab Montag soll es langsam wieder wärmer werden, im laufe der Woche dann in Richtung 16,18 grad und nachts „nur noch“ 4. Das Wochenende über wird es nachts frieren, morgen auch noch schneien… vielleicht machen wir einfach gleich 2 Rest-Days draus. 
Wandere in Spanien haben sie gesagt. Da ist es im Frühling warm und schön haben sie gesagt. Oh man… 😂

Kommentare

  1. Oh man das klingt abenteuerlich. Dann genießt die 2 Tage in der Hunde freundlichen Herberge und macht etwas Fuß Wellness :-)

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