Mitten in der Nacht schrecke ich aus dem Schlaf hoch - Lali ist der Meinung mal mitten in der Nacht laut bellen zu müssen, das hat sie bisher noch nie gemacht. Mit pochendem Herzen stelle ich fest: 1. die Matratze auf der ich liege ist richtig doll durchgelegen, ich habe jetzt schon Rückenschmerzen, 2. Lali hat sich ein eigenes Bett genommen und liegt auf der anderen Seite des Zimmers auf einer Wolldecke auf einem leeren Bett.
Madame wird unverzüglich zurück in mein Bett beordert und zum Schweigen aufgefordert. Ab da keine weiteren Zwischenfälle.
Morgens gibt es ein gemütliches Frühstück, wobei ich froh bin das ich noch Baguette und Frischkäse habe, sonst gibts nämlich nur abgepackte Ekel Muffins. Dafür zahlt man hier auf Spendenbasis, für 1€ gönne ich mir einen Tee. Kurz gepackt und Zahnpasta geschnorrt, meine ist nämlich alle, warten wir draußen mit der Finnin und einer Amerikanerin die gerne mitfahren möchte aufs Taxi. Jenes sieht wieder verdächtig aus wie ein Privatwagen und meine eine Konversation zwischen Fahrer und Hostelbetreiber zu vernehmen a la „jetzt sind es ja 3, was nehme ich denn da“. Mir hatte man gestern beim bestellen 20-22€ gesagt, am Ende zahlen wir 25€ zu dritt. Da die anderen beiden aber nur 10er haben bezahle ich nur 5€ und werde auf den Rest eingeladen, freu ich mich 😊
In Leon trennen sich unsere Wege, Marion möchte 2 Tage bleiben und ihr Bein ausruhen lassen. Den netten Franzosen haben wir im vorbeifahren gesehen und gewunken, ich hab so das Gefühl, den treffe ich nochmal wieder. Lali und ich tüddeln einmal durch die am Montag morgen erschreckend leere Altstadt. Erster stop, das Hostel wo unser nächstes Futter Paket sein soll. Ist es leider nicht. Bauchgefühl for the win - ich schleppe seit fast einer Woche viel zu viel Futter und war immer versucht was weg zu tun, hab dann aber gedacht warte mal noch bis Leon. So müsste es jetzt knapp bis zum nächsten stop reichen, bitte ganz doll Daumen drücken das dort ein Paket auf uns wartet. Die anderen hatten bisher ja auch alle geklappt 🤷🏽♀️
Wir haben also wirklich keinen Grund mehr länger in der Stadt zu bleiben, legen einen Foto-Stop bei der wunderschönen Kathedrale ein und sehen dann zu, dass wir Land gewinnen. Mein Plan war eigentlich, 12 km aus der Stadt rauszulaufen. Nach den erste 2 km stelle ich fest, wie ätzend das ist und kehre in der ersten offenen Bar ein. Hier gibts für 1,50€ einen gefühlten halben Liter frischen osaft und ich kann der netten Besitzerin mit Händen, Füßen und Reiseführer klar machen, dass ich gerne ein Taxi hätte in den ersten Ort auf der Karte ab dem kein Asphalt mehr verzeichnet ist. Sie ruft uns eins, der nette Fahrer ist schon 3 min später da. Lali schläft unter dem Tisch und dann auf meinem Schoß während der Taxifahrt, irgendwie ist die heute platt… ich fahre ganze 11km und zahle ganze 13€, in diesem Taxi gibt es aber auch das erste mal ein Taxameter… mysteriös 😂
Wir steigen aus und laufen kurz durch ein winziges Kaff und dann bergan auf einen roten Feldweg zurück k in unsere Geliebte Steppe. Ich muss sagen - ja, wenn man den Weg wirklich komplett laufen will, dann gehören die stundenlangen Vorstadtetappen dazu. Mit Begleitung auf 4 Pfoten und für meine Psyche bin ich aber nicht traurig um das überspringen.
Der Weg geht mehr oder minder geradeaus durch die Steppe. Einige E-Bike Pilgerer überholen uns. Dann holen wir einen kleinen, bärtigen Ü60 Schweizer mit gemütlicher Wampe ein. Er spricht uns auf spanisch an, wechselt dann ins Schwizerdütsch. Er läuft sehr langsam, hat sehr viel Meinung zu sehr vielem und beschwert sich lautstark über die „scheiße die vor uns liegt“. Ich beiße mir doll auf die Zunge, kann’s mir dann aber leider doch nicht verkneifen nachzufragen. Er wettert über die letzten 100km, auf denen besonders jetzt zur Santa Semana (Osterwoche) die geschniegelten Anzug- Pilger und die Hotpants-Pilgerinnen mit gemachten Fingernägeln in Scharen aus den Reisebussen steigen würden. Mit winzig kleinen Rucksäcken würden sie die Einzelzimmer belegen. Ich lache lautlos in mich hinein und wechsle dann wieder in mein Tempo, so dass wir ihn bald hinter uns lassen.
Lali geht derweil grasen und muss ein paar Minuten später spucken. Ab hier hängt bis zum Tagesziel auch die Route auf Halbmast, auch wenn sie permanent voran zieht. Nach dem nächsten und einzigen Ort muss sie nämlich an die Leine, wir laufen auf der Landstraße und alle 5 min donnert ein Gefährt jeglicher Art ohne Rücksicht auf Verluste an uns vorbei. Ich mache mir natürlich sofort Sorgen… deswegen wir die Mittagspause auch länger als gewöhnlich, für 5€ bekomme ich in einer zugigen Bar, die fast wie ein Bahnhof wirkt, einen leckeren Linseneintopf sowie 2 Brote mit frischer Guarkamole. Bestellt hat das ganze für mich Shawn, den treffen wir kurz vorm Ort. Er ist Brite mit asiatischen Wurzeln und läuft sicher doppeltes Tempo, bremst sich aber für den letzten Kilometer bis in den Ort für einen Klönschnack. Wie so viele vorher macht er ungefähr 20 Fotos von Lali 😅 Da er fließend spanisch spricht ist er eine große Hilfe bei der Bestellung von „irgendwas vegetarischem“. In der Bar treffen wir außerdem noch auf Tine, die Dänin mit der wir die schreckliche Schnee - Wald - Berg Etappe gelaufen sind. Die deutschen Jungs machen sich wohl eine Challenge aus 30-40km am Tag, so dass die ohne die beiden weiterläuft. Heute hat sie allerdings auch 32 km auf dem Plan und verlässt bald gemeinsam mit Shawn den Bahnhof, während Lali und ich noch ein Stündchen bleiben damit Madame auf meiner Jacke einen Mittagsschlaf machen kann.
Als wir „endlich“ nach der eigentlich kurzen Etappe (10km + 3 in Leon) im Hostel angekommen werden wir freundlich auf Spanisch begrüßt. Was ich mich immer und immer wieder frage - wie kann man ein Camino Hostel betreiben, wenn man kein einziges Wort in jeglicher anderen Sprache spricht. Naja. Meine 3 Fetzen spanisch reichen halbwegs für das nötigste, für 20€ bekommen Lali und ich ein Bett im extra Zimmer (wie gestern, 4 Stockbetten aber nur wir drin) inklusive Frühstück.
Das Haus besteht im Erdgeschoss aus einem einzigen riesigen Schlafsaal sowie 2 Badezimmern mit jeweils mehreren Toiletten und Duschen. Dazu zwei 8er Zimmer, eins beziehen wir. Nicht nur Lali, auch ich bin heute merkwürdig müde und so machen wir gemeinsam 2 Stunden Mittagsschlaf. Um 16 Uhr wache ich auf und stelle fest, dass mittlerweile ein paar Leute Einzug ins Haus gehalten haben. Wir gehen nochmal um den Block und bis zum Abendessen passiert nix mehr, außer das ich 27 mal das selbe Level meines Daddelspiels verkacke.
Um 19 Uhr werde ich zum Abendbrot gerufen, obwohl ich dank des üppigen Lunches keins gebucht habe. Das hatten die sich aber auch gemerkt, für 4€ bekomme ich einen Salat mit Brot und einem Glas Wein. Am Tisch sitzen neben dem Schweizer samt eines Kollegen noch 2 Irinnen die gestern auf einen 1 wöchigen Abschnitt gestartet sind sowie zwei Holländer und ein spanisches Paar, welches aber fließend englisch spricht. Sie laufen den Camino zum Xten mal, kommen aus Madrid und machen einfach seit 20 Jahren immer wenn sie mal ein paar Tage Zeit haben irgendwo ein kleines Stück irgendeines spanischen Jakobswegs. Auch ein Hobby.
Da Lali nicht mit in den Speisesaal wartet ( der übrigens im Souterrain liegt, so wie alles hier außer Schlafsaal und Bäder) esse ich schnell und lasse die Truppe wieder alleine. Heute kein Freundschafts-Abend, auch ok.
Die Nacht wird ruhig und Lali schläft gut, als ich einmal aufwache liegt sie auf dem Bett neben mir auf der zugehörigen Wolldecke 😅 Kleine Hexe! 🥰🧙♀️
Pünktlich 6:45 wanken wir auf Zehenspitzen durch den Schlafsaal damit Lali ihre Geschäfte erledigen kann, draußen ist es dunkler als es sein sollte. Der Himmel ist von schwarzen Wolken verhangen. Ich wundere mich, dass um 6:55 noch alle in ihren Betten liegen und das Licht aus ist, wurde mir doch gesagt Frühstück gäbe es um 7. Um 7:30 ist es dann tatsächlich soweit, und ich freue mich über das erstaunlich üppige Mahl. Brot, mehrere Marmeladen, mal aus Gläsern statt aus abgepackten Plastikpackungen, Naturjoghurt und diverse Müsli Varianten, dazu OSaft und Kaffee & Tee.
Frisch gestärkt brechen wir auf, Lali hat gestern Abend und heute Nacht jeweils eine große Portion Futter verschlungen und ist gut drauf. Mein Wasser ist leer, das im Hostel ist aber echt untrinkbar und so klappere ich noch die beiden Brunnen im Ort ab - beide sind tot. Blöd gelaufen, aber Lali hat noch genug Wasser in ihrer Flasche und ich werd’s schon überleben für ca 1,5 Stunden.
So wie es hinein geht in den Ort geht es auch hinaus, auf einer kleinen Landstraße mit ab und an einem vorbeirasenden Auto. Das spanische Paar hat gesagt es wird ab 11 regnen - pünktlich um 5 nach 9 fallen dicke Tropfen vom Himmel. Ich hiefe also den Rucksack runter und ziehe erst Lali und dann mich an. Letzteres gestaltet sich schwierig, bei Wind und Regen von der Seite will der blöde Poncho nicht über meinen Rucksack und verdreht sich ständig. Das Regencape von Decathlon, ganz klare nicht-Kaufempfehlung.
Auch die anderen die wir auf der Straße treffen struggeln hier und da mit ihren Regenoutfits, Lali ist definitiv am besten angezogen, da rutscht nix 😅
Wir laufen 1,5 Stunden die Straße lang und trotz Regen und Mantel und Leine behält die Mausi ihre Route tapfer oben gekringelt, da wo sie hingehört. Als wir eine größere Landstraße queren und auf einen Feldweg abbiegen hat es aufgehört zu regnen und Madamchen kann ohne Leine weitertüddeln. Es geht weiterhin schnurgeradeaus, wie auch die Straße vorher, nun entlang einer Stromtrasse und durch Felder.
Irgendwann treffen wir rechte Hand einen kleinen Ort, hier plätschert mir das Wasser schon entgegen und ich kann alle Wasservorräte auffüllen. Eine kleine Herberge hat hier geöffnet und bietet Snacks, beim Blick in den Himmel entscheide ich mich aber gegen eine Pause. Regensachen aus, ein paar Hand voll Chips und 3 Schokocookies reingeschaufelt, für Lali gibts ein paar Hundekekse und weiter gehts. Wir verlassen den kleinen Ort über eine Eisenbahnbrücke und wiedermal fällt mir hier etwas typisches für die kleinen Dörfer auf: es ist alles voller Schafscheiße 😂🐑 Außerdem hat jedes noch so winzige Kaff hier eine eigene LKW Waage - ich tippe mal, um die Ernte zu wiegen bevor sie an die Großhändler weiterverkauft wird ?
Wir wandern jedenfalls alleine entlang der Eisenbahnstrecke weiter, die Pilgerer vor und hinter uns machen Vormittagspause im Ort. Dann biegen wir abermals rechts weg auf einen breiten Feldweg, diesmal voller Schnecken. In den Pfützen um uns herum haben viele ein qualvolles Ende gefunden, schon ziemlich blöd wenn man nicht wegkommt während sich der Teich um einen füllt 🤷🏽♀️🙈 Ein kleiner Schneckerich hat sich auf einen Stein gerettet, umringt von seinen toten Kameraden - ich beschließe ihm zur Hilfe zu eilen, jeden Tag eine gute Tat. Da er in seinem Leben ganz sicher nicht meinen Salat fressen wird bekommt er also eine zweite Chance auf ein glückliches Schneckenleben.
Wir laufen auf einen Schnellstraße zu und Lali muss an die Leine, damit wir sie queren können. Dann biegen wir auf einen kleinen Umweg auf, Feldweg durchs Industriegebiet statt Landstraße. 15 km haben wir damit geschafft, hier im Ort gibt es ein fancy Veganes-Yoga-Hostel. Shawn und Tine waren dort letzte Nacht, die sind ja über 30km gelaufen und fanden es toll. Shawn hat für mich wegen des Hundes gefragt, sie dürfe allerdings nur rein wen sie nicht bellt, sonst muss sie im Wintergarten schlafen. Tja, was sagt man da. Sie bellt halt wirklich wenig, nachts ist sie bis auf den Ausrutscher vorgestern immer komplett still, aber das ihr nicht ab und an ein Wuff entweicht, wie soll ich das garantieren. Ich habe jedenfalls ein blöden Gefühl bei der Sache und als wir in den Ort reinlaufen stelle ich fest wie unschön der ist. Keine Altstadt, viel heruntergekommenes Gebäudezeugs, eine große LKW Trasse quert den Ort, vermutlich für die mehreren großen Fabriken drum herum. Lalis Route ist immer noch fröhlich oben und sie läuft gut, es ist noch vor 12 - also beschließe ich ins 3 km entfernte Dorf weiterzulaufen. Hierfür entscheiden wir uns für eine weitere Routen-Alternative, diesmal offiziell ausgeschildert. Der Hauptweg läuft hier wieder 2 Tage mehr oder minder entlang großer Straßen, der Umweg schlängelt sich 2 Tage von Dorf zu Dorf, ist insgesamt etwas über 2km länger. Macht nix, nehmen wir.
Durch Felder geht es voran bis zum Ziel, während über uns kurz die Sonne durchkommt türmen sich vor und hinter uns bedrohlich schwarze Wolkenberge. Apropos Berge - hinter dem Ort wo wir heute bleiben liegen die ersten Hügel, in den kommenden Tagen erwarten uns dann die nächsten Bergetappen. Aiaiai. Naja, ich freue mich lieber auf die Aussicht als auf die schmerzenden Waden und Füße. Letztere meckern heute schon und freuen sich, als wir dann da sind.
Die wunderschöne Herberge betreten wir über einen Innenhof, von dem aus alles abgeht. Das Haus ist Okkerfarben, alle alten Holztüren und Fenster Himmelblau gestrichen, Majorkinischer Stil. In der oberen Etage, die über einen Balkon betreten wird, gibt es 2 Dorms, für Lali und mich ein Einzelzimmer mit eigenem Bad welches direkt vom Hof aus betreten wird. Hunde wie so oft nicht im Schlafsaal erlaubt, mein Budget sagt aua - 70€ für Zimmer, Abendessen, Frühstück und Wäsche + Trockner. Nochmal Aiaiai.
Tja, egal, ist Urlaub und ändern kann ich es nicht, eine Alternative gibt es hier im Ort nicht. Die Betreiber sind Holländer und sehr nett.
Nach einer heißen Dusche und der Nutzung des Föhn (!) den es hier zum ersten Mal gibt muss Lali dran glauben, Unterbodenwäsche. Da das Wasser hier nur von oben kommt 🚿 muss ich etwas kreativ werden und nehme ihre Trinkflasche zur Hilfe. Nun hängen wir hier ab bis meine Wäsche trocken ist, bis dahin habe ich nämlich nix anzuziehen 😅 Nach 4 Tagen ohne Waschmaschine ist da nun so ziemlich alles drin was ich hier auf dem Camino besitze. Dann drehen wir eine Runde zum Tante Emma-Laden, Zahnpasta shoppen und dann ist auch schon Abendbrotszeit. Bis dahin mache ich mal einen Plan für morgen.
Madame wird unverzüglich zurück in mein Bett beordert und zum Schweigen aufgefordert. Ab da keine weiteren Zwischenfälle.
Morgens gibt es ein gemütliches Frühstück, wobei ich froh bin das ich noch Baguette und Frischkäse habe, sonst gibts nämlich nur abgepackte Ekel Muffins. Dafür zahlt man hier auf Spendenbasis, für 1€ gönne ich mir einen Tee. Kurz gepackt und Zahnpasta geschnorrt, meine ist nämlich alle, warten wir draußen mit der Finnin und einer Amerikanerin die gerne mitfahren möchte aufs Taxi. Jenes sieht wieder verdächtig aus wie ein Privatwagen und meine eine Konversation zwischen Fahrer und Hostelbetreiber zu vernehmen a la „jetzt sind es ja 3, was nehme ich denn da“. Mir hatte man gestern beim bestellen 20-22€ gesagt, am Ende zahlen wir 25€ zu dritt. Da die anderen beiden aber nur 10er haben bezahle ich nur 5€ und werde auf den Rest eingeladen, freu ich mich 😊
In Leon trennen sich unsere Wege, Marion möchte 2 Tage bleiben und ihr Bein ausruhen lassen. Den netten Franzosen haben wir im vorbeifahren gesehen und gewunken, ich hab so das Gefühl, den treffe ich nochmal wieder. Lali und ich tüddeln einmal durch die am Montag morgen erschreckend leere Altstadt. Erster stop, das Hostel wo unser nächstes Futter Paket sein soll. Ist es leider nicht. Bauchgefühl for the win - ich schleppe seit fast einer Woche viel zu viel Futter und war immer versucht was weg zu tun, hab dann aber gedacht warte mal noch bis Leon. So müsste es jetzt knapp bis zum nächsten stop reichen, bitte ganz doll Daumen drücken das dort ein Paket auf uns wartet. Die anderen hatten bisher ja auch alle geklappt 🤷🏽♀️
Wir haben also wirklich keinen Grund mehr länger in der Stadt zu bleiben, legen einen Foto-Stop bei der wunderschönen Kathedrale ein und sehen dann zu, dass wir Land gewinnen. Mein Plan war eigentlich, 12 km aus der Stadt rauszulaufen. Nach den erste 2 km stelle ich fest, wie ätzend das ist und kehre in der ersten offenen Bar ein. Hier gibts für 1,50€ einen gefühlten halben Liter frischen osaft und ich kann der netten Besitzerin mit Händen, Füßen und Reiseführer klar machen, dass ich gerne ein Taxi hätte in den ersten Ort auf der Karte ab dem kein Asphalt mehr verzeichnet ist. Sie ruft uns eins, der nette Fahrer ist schon 3 min später da. Lali schläft unter dem Tisch und dann auf meinem Schoß während der Taxifahrt, irgendwie ist die heute platt… ich fahre ganze 11km und zahle ganze 13€, in diesem Taxi gibt es aber auch das erste mal ein Taxameter… mysteriös 😂
Wir steigen aus und laufen kurz durch ein winziges Kaff und dann bergan auf einen roten Feldweg zurück k in unsere Geliebte Steppe. Ich muss sagen - ja, wenn man den Weg wirklich komplett laufen will, dann gehören die stundenlangen Vorstadtetappen dazu. Mit Begleitung auf 4 Pfoten und für meine Psyche bin ich aber nicht traurig um das überspringen.
Der Weg geht mehr oder minder geradeaus durch die Steppe. Einige E-Bike Pilgerer überholen uns. Dann holen wir einen kleinen, bärtigen Ü60 Schweizer mit gemütlicher Wampe ein. Er spricht uns auf spanisch an, wechselt dann ins Schwizerdütsch. Er läuft sehr langsam, hat sehr viel Meinung zu sehr vielem und beschwert sich lautstark über die „scheiße die vor uns liegt“. Ich beiße mir doll auf die Zunge, kann’s mir dann aber leider doch nicht verkneifen nachzufragen. Er wettert über die letzten 100km, auf denen besonders jetzt zur Santa Semana (Osterwoche) die geschniegelten Anzug- Pilger und die Hotpants-Pilgerinnen mit gemachten Fingernägeln in Scharen aus den Reisebussen steigen würden. Mit winzig kleinen Rucksäcken würden sie die Einzelzimmer belegen. Ich lache lautlos in mich hinein und wechsle dann wieder in mein Tempo, so dass wir ihn bald hinter uns lassen.
Lali geht derweil grasen und muss ein paar Minuten später spucken. Ab hier hängt bis zum Tagesziel auch die Route auf Halbmast, auch wenn sie permanent voran zieht. Nach dem nächsten und einzigen Ort muss sie nämlich an die Leine, wir laufen auf der Landstraße und alle 5 min donnert ein Gefährt jeglicher Art ohne Rücksicht auf Verluste an uns vorbei. Ich mache mir natürlich sofort Sorgen… deswegen wir die Mittagspause auch länger als gewöhnlich, für 5€ bekomme ich in einer zugigen Bar, die fast wie ein Bahnhof wirkt, einen leckeren Linseneintopf sowie 2 Brote mit frischer Guarkamole. Bestellt hat das ganze für mich Shawn, den treffen wir kurz vorm Ort. Er ist Brite mit asiatischen Wurzeln und läuft sicher doppeltes Tempo, bremst sich aber für den letzten Kilometer bis in den Ort für einen Klönschnack. Wie so viele vorher macht er ungefähr 20 Fotos von Lali 😅 Da er fließend spanisch spricht ist er eine große Hilfe bei der Bestellung von „irgendwas vegetarischem“. In der Bar treffen wir außerdem noch auf Tine, die Dänin mit der wir die schreckliche Schnee - Wald - Berg Etappe gelaufen sind. Die deutschen Jungs machen sich wohl eine Challenge aus 30-40km am Tag, so dass die ohne die beiden weiterläuft. Heute hat sie allerdings auch 32 km auf dem Plan und verlässt bald gemeinsam mit Shawn den Bahnhof, während Lali und ich noch ein Stündchen bleiben damit Madame auf meiner Jacke einen Mittagsschlaf machen kann.
Als wir „endlich“ nach der eigentlich kurzen Etappe (10km + 3 in Leon) im Hostel angekommen werden wir freundlich auf Spanisch begrüßt. Was ich mich immer und immer wieder frage - wie kann man ein Camino Hostel betreiben, wenn man kein einziges Wort in jeglicher anderen Sprache spricht. Naja. Meine 3 Fetzen spanisch reichen halbwegs für das nötigste, für 20€ bekommen Lali und ich ein Bett im extra Zimmer (wie gestern, 4 Stockbetten aber nur wir drin) inklusive Frühstück.
Das Haus besteht im Erdgeschoss aus einem einzigen riesigen Schlafsaal sowie 2 Badezimmern mit jeweils mehreren Toiletten und Duschen. Dazu zwei 8er Zimmer, eins beziehen wir. Nicht nur Lali, auch ich bin heute merkwürdig müde und so machen wir gemeinsam 2 Stunden Mittagsschlaf. Um 16 Uhr wache ich auf und stelle fest, dass mittlerweile ein paar Leute Einzug ins Haus gehalten haben. Wir gehen nochmal um den Block und bis zum Abendessen passiert nix mehr, außer das ich 27 mal das selbe Level meines Daddelspiels verkacke.
Um 19 Uhr werde ich zum Abendbrot gerufen, obwohl ich dank des üppigen Lunches keins gebucht habe. Das hatten die sich aber auch gemerkt, für 4€ bekomme ich einen Salat mit Brot und einem Glas Wein. Am Tisch sitzen neben dem Schweizer samt eines Kollegen noch 2 Irinnen die gestern auf einen 1 wöchigen Abschnitt gestartet sind sowie zwei Holländer und ein spanisches Paar, welches aber fließend englisch spricht. Sie laufen den Camino zum Xten mal, kommen aus Madrid und machen einfach seit 20 Jahren immer wenn sie mal ein paar Tage Zeit haben irgendwo ein kleines Stück irgendeines spanischen Jakobswegs. Auch ein Hobby.
Da Lali nicht mit in den Speisesaal wartet ( der übrigens im Souterrain liegt, so wie alles hier außer Schlafsaal und Bäder) esse ich schnell und lasse die Truppe wieder alleine. Heute kein Freundschafts-Abend, auch ok.
Die Nacht wird ruhig und Lali schläft gut, als ich einmal aufwache liegt sie auf dem Bett neben mir auf der zugehörigen Wolldecke 😅 Kleine Hexe! 🥰🧙♀️
Pünktlich 6:45 wanken wir auf Zehenspitzen durch den Schlafsaal damit Lali ihre Geschäfte erledigen kann, draußen ist es dunkler als es sein sollte. Der Himmel ist von schwarzen Wolken verhangen. Ich wundere mich, dass um 6:55 noch alle in ihren Betten liegen und das Licht aus ist, wurde mir doch gesagt Frühstück gäbe es um 7. Um 7:30 ist es dann tatsächlich soweit, und ich freue mich über das erstaunlich üppige Mahl. Brot, mehrere Marmeladen, mal aus Gläsern statt aus abgepackten Plastikpackungen, Naturjoghurt und diverse Müsli Varianten, dazu OSaft und Kaffee & Tee.
Frisch gestärkt brechen wir auf, Lali hat gestern Abend und heute Nacht jeweils eine große Portion Futter verschlungen und ist gut drauf. Mein Wasser ist leer, das im Hostel ist aber echt untrinkbar und so klappere ich noch die beiden Brunnen im Ort ab - beide sind tot. Blöd gelaufen, aber Lali hat noch genug Wasser in ihrer Flasche und ich werd’s schon überleben für ca 1,5 Stunden.
So wie es hinein geht in den Ort geht es auch hinaus, auf einer kleinen Landstraße mit ab und an einem vorbeirasenden Auto. Das spanische Paar hat gesagt es wird ab 11 regnen - pünktlich um 5 nach 9 fallen dicke Tropfen vom Himmel. Ich hiefe also den Rucksack runter und ziehe erst Lali und dann mich an. Letzteres gestaltet sich schwierig, bei Wind und Regen von der Seite will der blöde Poncho nicht über meinen Rucksack und verdreht sich ständig. Das Regencape von Decathlon, ganz klare nicht-Kaufempfehlung.
Auch die anderen die wir auf der Straße treffen struggeln hier und da mit ihren Regenoutfits, Lali ist definitiv am besten angezogen, da rutscht nix 😅
Wir laufen 1,5 Stunden die Straße lang und trotz Regen und Mantel und Leine behält die Mausi ihre Route tapfer oben gekringelt, da wo sie hingehört. Als wir eine größere Landstraße queren und auf einen Feldweg abbiegen hat es aufgehört zu regnen und Madamchen kann ohne Leine weitertüddeln. Es geht weiterhin schnurgeradeaus, wie auch die Straße vorher, nun entlang einer Stromtrasse und durch Felder.
Irgendwann treffen wir rechte Hand einen kleinen Ort, hier plätschert mir das Wasser schon entgegen und ich kann alle Wasservorräte auffüllen. Eine kleine Herberge hat hier geöffnet und bietet Snacks, beim Blick in den Himmel entscheide ich mich aber gegen eine Pause. Regensachen aus, ein paar Hand voll Chips und 3 Schokocookies reingeschaufelt, für Lali gibts ein paar Hundekekse und weiter gehts. Wir verlassen den kleinen Ort über eine Eisenbahnbrücke und wiedermal fällt mir hier etwas typisches für die kleinen Dörfer auf: es ist alles voller Schafscheiße 😂🐑 Außerdem hat jedes noch so winzige Kaff hier eine eigene LKW Waage - ich tippe mal, um die Ernte zu wiegen bevor sie an die Großhändler weiterverkauft wird ?
Wir wandern jedenfalls alleine entlang der Eisenbahnstrecke weiter, die Pilgerer vor und hinter uns machen Vormittagspause im Ort. Dann biegen wir abermals rechts weg auf einen breiten Feldweg, diesmal voller Schnecken. In den Pfützen um uns herum haben viele ein qualvolles Ende gefunden, schon ziemlich blöd wenn man nicht wegkommt während sich der Teich um einen füllt 🤷🏽♀️🙈 Ein kleiner Schneckerich hat sich auf einen Stein gerettet, umringt von seinen toten Kameraden - ich beschließe ihm zur Hilfe zu eilen, jeden Tag eine gute Tat. Da er in seinem Leben ganz sicher nicht meinen Salat fressen wird bekommt er also eine zweite Chance auf ein glückliches Schneckenleben.
Wir laufen auf einen Schnellstraße zu und Lali muss an die Leine, damit wir sie queren können. Dann biegen wir auf einen kleinen Umweg auf, Feldweg durchs Industriegebiet statt Landstraße. 15 km haben wir damit geschafft, hier im Ort gibt es ein fancy Veganes-Yoga-Hostel. Shawn und Tine waren dort letzte Nacht, die sind ja über 30km gelaufen und fanden es toll. Shawn hat für mich wegen des Hundes gefragt, sie dürfe allerdings nur rein wen sie nicht bellt, sonst muss sie im Wintergarten schlafen. Tja, was sagt man da. Sie bellt halt wirklich wenig, nachts ist sie bis auf den Ausrutscher vorgestern immer komplett still, aber das ihr nicht ab und an ein Wuff entweicht, wie soll ich das garantieren. Ich habe jedenfalls ein blöden Gefühl bei der Sache und als wir in den Ort reinlaufen stelle ich fest wie unschön der ist. Keine Altstadt, viel heruntergekommenes Gebäudezeugs, eine große LKW Trasse quert den Ort, vermutlich für die mehreren großen Fabriken drum herum. Lalis Route ist immer noch fröhlich oben und sie läuft gut, es ist noch vor 12 - also beschließe ich ins 3 km entfernte Dorf weiterzulaufen. Hierfür entscheiden wir uns für eine weitere Routen-Alternative, diesmal offiziell ausgeschildert. Der Hauptweg läuft hier wieder 2 Tage mehr oder minder entlang großer Straßen, der Umweg schlängelt sich 2 Tage von Dorf zu Dorf, ist insgesamt etwas über 2km länger. Macht nix, nehmen wir.
Durch Felder geht es voran bis zum Ziel, während über uns kurz die Sonne durchkommt türmen sich vor und hinter uns bedrohlich schwarze Wolkenberge. Apropos Berge - hinter dem Ort wo wir heute bleiben liegen die ersten Hügel, in den kommenden Tagen erwarten uns dann die nächsten Bergetappen. Aiaiai. Naja, ich freue mich lieber auf die Aussicht als auf die schmerzenden Waden und Füße. Letztere meckern heute schon und freuen sich, als wir dann da sind.
Die wunderschöne Herberge betreten wir über einen Innenhof, von dem aus alles abgeht. Das Haus ist Okkerfarben, alle alten Holztüren und Fenster Himmelblau gestrichen, Majorkinischer Stil. In der oberen Etage, die über einen Balkon betreten wird, gibt es 2 Dorms, für Lali und mich ein Einzelzimmer mit eigenem Bad welches direkt vom Hof aus betreten wird. Hunde wie so oft nicht im Schlafsaal erlaubt, mein Budget sagt aua - 70€ für Zimmer, Abendessen, Frühstück und Wäsche + Trockner. Nochmal Aiaiai.
Tja, egal, ist Urlaub und ändern kann ich es nicht, eine Alternative gibt es hier im Ort nicht. Die Betreiber sind Holländer und sehr nett.
Nach einer heißen Dusche und der Nutzung des Föhn (!) den es hier zum ersten Mal gibt muss Lali dran glauben, Unterbodenwäsche. Da das Wasser hier nur von oben kommt 🚿 muss ich etwas kreativ werden und nehme ihre Trinkflasche zur Hilfe. Nun hängen wir hier ab bis meine Wäsche trocken ist, bis dahin habe ich nämlich nix anzuziehen 😅 Nach 4 Tagen ohne Waschmaschine ist da nun so ziemlich alles drin was ich hier auf dem Camino besitze. Dann drehen wir eine Runde zum Tante Emma-Laden, Zahnpasta shoppen und dann ist auch schon Abendbrotszeit. Bis dahin mache ich mal einen Plan für morgen.
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