Naja fast, write you übermorgen 😅
Das Frühstücksbuffet am nächsten Morgen, auf welches ich mich natürlich schon beim Abendbrot freue, entpuppt sich als mittelprächtig. Trotz prächtigem Preis, 6€! Wahrhaft Wucher. Habt ihr schon mal Toast ohne Rand gesehen? Ich wusste wohl, dass es das gibt, aber in 4K HD hatte ich das noch nicht erlebt. Nun gibts das zum Frühstück, das weißeste Weißbrot von allen. Ich ziehe mir lieber eine ordentliche Portion Müsli mit Joghurt rein und bin dann ready for the day - abgesehen davon, dass ich eine gefühlte Stunde brauche, um den Rucksack zu packen. Eigentlich habe ich da mittlerweile ziemliche Routine drin, alles hat seinen Platz, in unter 10 Minuten bin ich fertig. Heute brauche ich schätzungsweise 247 Minuten und packe ungefähr 58 mal ein- und aus, bis alles ansatzweise da ist wo es hin soll. Hach ja. Wir starten gemütlich um 9:15 auf den Camino, der ab Hotel auf einem schönen Pfad verläuft. Lali startet den Tag mit viel Gras essen und muss entsprechend relativ schnell Gras und Galle🤮 - das ist erlaubt, Magenreinigung und so. Ab da läuft sie die ersten 5 km fröhlich bergab, ungefähr im 4fachen Tempo im Vergleich zu mir. Der Pfad wird mal breiter mal schmaler, ist immer wieder steinig, erinnert hier und da an die Römerstraße, dann wieder laufen wir auf festen Schieferplatten bergab. Mal vor, mal hinter uns auf der halbwegs parallel zum Weg verlaufenden Straße ist der schwarze Block unterwegs 😅 Eine große Gruppe Koreaner hat sich gestern in der Herberge zusammengefunden, sage und schreibe 12 Leute, inklusive der beiden Kinder samt Mutter die wir schon mehrfach gesehen haben. Kind 1 hustet signifikant weniger, trägt aber beim Laufen eine Maske… 🤦🏽♀️🤦🏽♀️🤦🏽♀️
Sie sind wirklich alle schwarz angezogen und schwatzen in einer Tour. Der Morgen ist wundervoll, der Ausblick über die Berge toll und ich bin froh, dass sie mehr oder minder abseits von uns laufen. Meistens in Hörweite, aber ich verstehe ja eh nix.
Das erste Dorf das wir treffen ist ziemlich schön und ziemlich 3/4 Tod. So wie viele, die ab jetzt folgen. Um uns herum Esel, Ponys, Ziegen und Panorama. Mal mehr mal weniger steil und steinig geht es durch ein schönes, unbewohntes Tal immer weiter hinab. Mitten im Nirgenwo auf einmal ein Schuss. Tschüss Lali. Ich bleibe erstaunlich gelassen als Madame Instant im Gebüsch verschwindet. Nach 30 Sekunden taucht sie wieder auf und mit einem Hechtsprung kann ich sie im vorbeirasen packen. Die nächste halbe Stunde habe ich auf dem schönen Pfad einen Panik-Hund an der Leine und kann den Weg nur halb genießen.
Wir passieren eine Landstraße und eine Art Pferde-Farm. Hinter dem Zaun 2 der üblichen riesigen Hüte-Hunde die uns bellend bis zum Ende des Zauns begleiten. Ich sehe das gelassen, ist ja ein Zaun zwischen uns und das Bellen erstirb irgendwann. Auf einmal doch wieder Bellen, 5 Meter hinter uns - ich drehe mich um und wir werden von dem Shetlandpony großen Kollegen auf 4 Pfoten verfolgt. Hups, da rutscht mir kurz das Herz in die Hose. Wir marschierte tapfer weiter, Lali scheint die Anwesenheit des riesigen, bellenden Hundes eher zu beruhigen. Die Route wandert nach oben und Madame konzentriert sich für einen Moment auf etwas anderes als ihre Panik. Wir werden allerdings nach ein paar 100 Metern (zum Glück!) nicht weiter verfolgt und Lali erinnert sich just daran, dass ja eigentlich alles schlimm ist gerade. Es dauert noch eine weitere halbe Stunde bis sie wieder halbwegs entspannt neben mir läuft und ich ihr genug vertraue, als dass ich die Leine ausklinken kann.
Auf unserem Weg in den nächsten größeren Ort treffen wir noch ein deutsches Paar, ich hatte sie gestern schon kurz in der Herberge gesehen. Sie laufen heute den 2 Tag, haben sich intensiv vorbereitet und machen ordentlich Meter, laufen aber nicht schneller als wir. Das ist einfach der deutlichste Unterschied zwischen pilgernden mit und ohne Hund: wir machen in der Regel um 14/15 Uhr allerspätestens Schluss, weil Lali schlafen muss. Wer nur auf sich selbst aufpassen muss, kann nach einer ausgedehnten Mittagspause natürlich noch weiterlaufen.
Unten im Ort angekommen gibts noch einen netten Schnappschuss und dann rufe ich die Nummer des örtlichen Taxi-Service an, die ungefähr 2 mal an jede Litfaßsäule, jede Regenrinne und jeden Hinkelstein geklebt ist. Der Herr spricht nur spanisch (wirklich dort praktisch), aber ich verstehe das er mich zu irgendeinem Punkt in der Altstadt haben will. Nach einem kurzen Stopp beim Bäcker finde ich den auch und just in dem Moment hält der nette Taxifahrer dort. Wir unterhalten uns auf spenglish und via Google Übersetzer und ich bedeute ihm, dass ich die Stadt überspringen will. Dies ist die letzte wirklich Stadt bis Santiago, verrückt! 🤯
In eben jeden steigt noch ein Deutscher dazu, der nette Fahrer ist peinlich berührt bemüht, in von mir (als Frau) fernzuhalten und dirigiert ihn mit Nachdruck auf den Beifahrersitz. Er fragt auf Englisch, woher er denn käme? Und bietet gleich noch alle deutschen Städte an in denen er jemanden kennt, Stuuttgaard, Beeerlin, Muuumchen? Der Mittvierziger mit blonden, gegeelten Haaren und grüner Steppjacke antwortet in Lupenreienen „warum spricht nicht die ganze Welt deutsch mit mir“ Deutsch „AUS DEM SCHWARZWALD“. Ich möchte Instant die Nationalität wechseln, leider weiß der nette Fahrer schon, dass ich aus Allemana komme. Mr. AUS DEM SCHWARZWALD spricht tatsächlich nix anderes als Deutsch, gibt sich auch keine erkennbare Mühe das zu ändern und zeigt uns bereitwillig und unfreiwillig Fotos seiner riesigen Blase UNTER dem Fuß. Er war gestern im Krankenhaus deswegen, die musste sie aufmachen und säubern etc, deswegen heute das Taxi. Er wäre den Weg aber schon 7 mal gelaufen, einmal ganz, sonst immer Etappen. Was jetzt kommt würde ich lieben. Er würde mir dies und jenes empfehlen, außerdem müsste ich in Spanien auf mein Geld achten, die würden speziell die Deutschen echt ausnehmen diese Spanier.
Ich habe das Gefühl, diese Spanier nehmen nur Leute AUS DEM SCHWARZWALD aus und steige ungeplant eine Ortschaft vor ihm aus.
Es ist bummelig 12 Uhr, wir werden draußen von der Hitze erschlagen und ich lege schnell noch eine Schicht Sonnencreme nach und bedecke meinen linken Arm mit meinem Schal, den finde ich schön gefährlich rötlich. Entlang einer Landstraße geht es 3 km, dann biegen wir final auf einem Feldweg ab für die letzten 2,5 km heute geht es durch Weinberge. Direkt vor und läuft auf einmal Liz, eine Amerikanerin die wir schon seit Wochen kennen (wer sich erinnert, sie war anfangs Teil der großen Gruppe mit dem jungen Ami der sich in Europa am Alkohol ausprobiert). Gemeinsam kämpfen wir uns durch die Hitze bergan bis in den Ort. Lali lässt immer wieder die Route hängen, ich biete ihr alle 10min Wasser an aber sie trinkt eher selten. Das Städchen das uns erwartet ist schön, richtig schön. Und brechend voll mit spanischen Touristen, Ostern (Santa Semana) lässt grüßen. Lali und ich klappern in der Hitze 4 Herbergen ab, alle lehnen aber (entgegen der Markierung in der Camino App) den Hund ab. Obwohl 2 sogar Wasserstationen für Hunde im Hof anbieten. Wir wandern als schon wieder fast aus der Stadt hinaus, hier habe ich eine Herberge angerufen die uns ihren privat Room anbietet, Zack, 30€. Die ganze Geschichte wird echt immer teurer… angekommen lasse ich Wäsche waschen und verziehe mich mit Lali ins kühle Zimmer. Eine Stunde später Creme ich ihr die Pfoten wie jeden Tag ein - auf einmal fängt sie an zu würgen, ich kann sie gerade noch vom Bett bugsieren (auf dem sie natürlich wie immer NICHT liegt), dann spuckt sie ihr Essen des Tages aus.
Ich versuche nicht in Panik auszubrechen, dröhne ihr gleich nochmal den Magenschutz rein und Klage über WhatsApp ausgewählten Personen mein Leid 😉 immerhin das WLAN läuft. Eine Stunde schlafen (für Lali) später will ich raus, einen Supermarkt finden. Keine 2 min auf der Straße fängt es an zu knallen - die Oster-Prozession ist gestartet, sieht aus wie der Ku-Klux-Klan und wird begleitet von Feuerwerk. Lalis Begeisterung könnt ihr euch vorstellen. Ich versuche noch kurz mich um die Ecke in eine Bar zu setzen aber keine Chance, Lali ist in Panik Modus. Also zurück ins Hostel. Ich schildere dem Betreiber mein Leid, der packt gerade eh Lunchpakete (so bekommt man hier sein Frühstück) und drückt mir eins in die Hand. Damit verziehen wir uns aufs Zimmer, in dem man absolut gar nichts hört und das super kühl, fast kalt ist. Zum Abendbrot gibts also ein Sandwich mit Käse, einen Apfel, ein halbes gekochtes Ei (den Rest bekommt Lali) und Kekse. Naja, verhungern werde ich nicht. Dann gehts direkt ins Bett - ich nehme mir vor morgen die Berg-Alternative anstatt der Landstraße zu laufen und stelle mir zwecks Hitze den Wecker auf 6. Hoffe, Lali hat nur deswegen gespuckt und das kann man ja vermeiden!
Fast vorward 5:40 bin ich hellwach im dunklen Zimmer. Ich war vielleicht alle 1,5 Stunden wach, immer wenn Lali sich gerührt hat, immer mit der Angst das es ihr schlecht geht, war aber zum Glück nicht.
Nach der obligatorischen Morgen-Kuschel-Runde mache ich mich schnell fertig, packe den Rucksack heute wieder routiniert.
Um 6:15 sind wir auf der Bahn! Der stockdunklen, menschenleeren. Ich komme zu der Erkenntnis, dass
mein Plan von gestern vielleicht doch Schwächen hat. Im Dunkeln mit einem potentiell kranken Hund alleine in die Berge für 11,5 Km ist vielleicht doch nicht die glorreichste Idee, die ich in den letzten Tagen hatte. Also mach ich’s nicht und folge im Licht des (Voll-?)Mondes der kleinen Landstraße. Auf dem Weg aus dem Städchen steht am Straßenrand ein Auto mit laufendem Motor. Der Fahrer sieht aus wie aus einem schlechten Horrorfilm, den Kopf zur Seite geklappt und schlafend hinterm Steuer. Zum Glück gar nicht gruslig alleine im Dunkeln! Nachdem ich das Auto im Eilschritt passiert habe sehe ich, wie jemand aus dem Haus kommt und einsteigt und den Fahrer weckt. Wäre mir recht gewesen, wenn die Fahrgemeinschaft etwas weniger gruselig ausgesehen hätte.
Wir laufen zunächst direkt auf der kleinen Serpentinen-Landstraße im Mondschein immer an einem
Fluss entlang. Ohne die Straße wäre es echt nett hier…
Dann treffen wir auf die Autobahn, Beigen an ihr entlang rechts ab. Ab hier geht es auf einem Fußweg neben der Landstraße, hinter einer halbhohen Beton-Absperrung, 5km bis ins erste Dorf. Langsam verschwinden über uns die Sterne, dann der Mond und wir laufen flott aber mittelmäßig gelaunt in 50 min bis zur ersten Ortschaft. Auf der Viadukt-Autobahn hört man alle 10 min mal ein Auto, auf der Landstraße neben uns fährt kein einiges. Der erste Ort ist dann genauso wie die Landstraße, komplett tot. Am Ortseingang ein Schubladen-Friedhof, ich weiß, vor den Damen und Herren hier sollte ich am wenigsten Angst haben, trotzdem unheimlich im halbdunkeln.
In dem ursprünglichen 50 Seelen-Ort wohnen vllt noch 10, wenn’s hochkommt. Die beiden Herbergen sind (noch?) geschlossen. Zeit, sich eine Packung Kekse aufzumachen, Frühstück wird’s hier nicht geben. Also weiter entlang der Landstraße, weitere 6 km bis zur Ort 2.
Auch der ist 3/4 leer aber etwas bewohnter, auf der Hälfte die erste geöffnete Bar. Super schön von innen, diese alten Häuser! Hier gibts für mich das klassische „getoastetes Baguette mit Marmelade“ Frühstück und eine Tee und ich bitte den netten Betreiber um ein Taxi in ein Bergdorf. Lali soll heute nicht weiterlaufen und wir müssen Strecke machen, das Futter ist fast alle…
Er telefoniert kurz, bedeutet mir 5 min. Und will dann 23,50€ für das Frühstück haben, ich bin verwirrt bis ich raffe, dass er mich einfach selber fährt.
Die Strecke ist schmal, abenteuerlich, immer entlang der Straße und steil steil steil bergauf. Und ich bin so so froh, dass wir das heute nicht laufen 😂 Auf spanglish unterhalten wir uns nett, er hat seine schöne Herberge erst vor einem Jahr eröffnet, ein Aussteiger aus Madrid. Die Herberge wo ich heute schlafen möchte habe ich auf Booking morgens gebucht, Haustiere erlaubt. Er berichtet das ja leider viele Spanier damit Probleme haben, bei ihm wären wir willkommen gewesen.
Oben auf dem „Gipfel“, in einem winzigen, wunderschönen Bergdorf, wirft er uns raus. Neben genau einer Herberge inklusive Gastwirtschaft gibt es hier genau 120 Kühe, 5 Hunde und 2 Pferde.
Es ist früh, kurz nach 10 und die Betreiber sind verwirrt als ich erkläre, dass ich hier bleiben will. Sprechen, wie so oft, nur spanisch. Und der Hund müsse leider in der Garage schlafen oder ich muss 28€ mehr bezahlen für den Single room. SEUFZ. Was bleibt mir anderes übrig als der finanzielle Ruin. Wir sitzen noch eine Stunde im Restaurant, Lali schläft auf meiner Jacke (im Restaurant ist sie kein Problem…), dann gehts aufs Zimmer. Den Rest des Tages vergingen wir mit Schlafen, wandern 3 mal das Dorf hoch und runter, sitzen in der Sonne und winken den vorbeilaufen Pilgerern. Wir treffen Liz, 2 weitere Amerikanerinnen die wir kennen, die junge Deutsche mit der wir eine Nacht alleine in einer Herberge waren (die mittlerweile in einer „Mannschaft“ läuft) und diverse andere bekannte Gesichter. Auch heute laufen mehrere unbekannte Gesichter an uns vorbei, die aber freudig Lali begrüßen. Tja, so ist das, wenn man mit einer lebenden Legende den Jakobsweg läuft. Mittags gibts für mich ein Glas Wein. Abends zum Menü bekomme ich eine Flasche für mich alleine. An meinem Tisch wandern Kühe und Hütehunde vorbei, der Blick ist spektakulär. Eventuell habe ich dezent einen sitzen, während ich diesen Text erst draußen auf der Terrasse, dann im Restaurant und dann im Zimmer verfasse. Nun schläft Lali auf meinen Füßen, es gab 3 kleine Malzeiten, bisher alles fein. Der Betreiber hat eben nochmal geklopft, mir einen Müsliriegel geschenkt und mir seinen Fingern gezeigt, dass es Frühstück um 8 gibt. Yay, ausschlafen!
Morgen machen wir einen ganz gewöhnlichen Spaziergang, sagenhafte 8km, also echt nix. Nur bergauf, aber das zählt nicht. Dort, in einem Ort mit sage und schreibe 7 Häusern, findet sich das einzige Hostel weit und breit in dem Hunde akzeptiert sind. Übermorgen muss ich mir dann was überlegen, denn da Lali ja morgen wieder komplett gesund ist (*auf Holz klopf*) wird morgen Abend/ spätesten übermorgen fürs das Futter alle sein. Also - entweder gibts n Tag lang Tortilla für sie und wir müssen einen Single Room für 40€ nehmen, oder ein Taxi zur nächsten Futter Station. Bei der muss ich morgen erstmal anrufen, heute Nacht Beete ich noch, dass das Futter angekommen ist.
Mal sehen - je länger ich unterwegs bin, desto spontaner werde ich stelle ich fest.
Der Countdown auf die letzten 100km läuft, Wahnsinn, bald sind wir schon 700 km unterwegs. Ca 70 davon haben wir aktuell mit dem Taxi gemacht, ich finde, das ist noch im Rahmen. Auf jeden Fall muss ich morgen nach einem neuen Credential Ausschau halten, das Pilger-Stempel-Album, denn meins ist voll und ab übermorgen braucht man 2 pro Tag, wenn man am Ende seine Pilgerehrung haben möchte. Und - ich möchte eins für Lali, denn mir haben letzt schon 2 Leute erzählt, dass die Priester auch Hunde ehren 🐶😇🇻🇦Planmäßig sind wir um den 01.05 herum in Santiago - dann wäre genug Zeit für Abreise und zu Hause in Ruhe wieder ankommen.
Bis dahin, a mañana von der Schnapsdrossel und der schlafenden Lali 🤪
Das Frühstücksbuffet am nächsten Morgen, auf welches ich mich natürlich schon beim Abendbrot freue, entpuppt sich als mittelprächtig. Trotz prächtigem Preis, 6€! Wahrhaft Wucher. Habt ihr schon mal Toast ohne Rand gesehen? Ich wusste wohl, dass es das gibt, aber in 4K HD hatte ich das noch nicht erlebt. Nun gibts das zum Frühstück, das weißeste Weißbrot von allen. Ich ziehe mir lieber eine ordentliche Portion Müsli mit Joghurt rein und bin dann ready for the day - abgesehen davon, dass ich eine gefühlte Stunde brauche, um den Rucksack zu packen. Eigentlich habe ich da mittlerweile ziemliche Routine drin, alles hat seinen Platz, in unter 10 Minuten bin ich fertig. Heute brauche ich schätzungsweise 247 Minuten und packe ungefähr 58 mal ein- und aus, bis alles ansatzweise da ist wo es hin soll. Hach ja. Wir starten gemütlich um 9:15 auf den Camino, der ab Hotel auf einem schönen Pfad verläuft. Lali startet den Tag mit viel Gras essen und muss entsprechend relativ schnell Gras und Galle🤮 - das ist erlaubt, Magenreinigung und so. Ab da läuft sie die ersten 5 km fröhlich bergab, ungefähr im 4fachen Tempo im Vergleich zu mir. Der Pfad wird mal breiter mal schmaler, ist immer wieder steinig, erinnert hier und da an die Römerstraße, dann wieder laufen wir auf festen Schieferplatten bergab. Mal vor, mal hinter uns auf der halbwegs parallel zum Weg verlaufenden Straße ist der schwarze Block unterwegs 😅 Eine große Gruppe Koreaner hat sich gestern in der Herberge zusammengefunden, sage und schreibe 12 Leute, inklusive der beiden Kinder samt Mutter die wir schon mehrfach gesehen haben. Kind 1 hustet signifikant weniger, trägt aber beim Laufen eine Maske… 🤦🏽♀️🤦🏽♀️🤦🏽♀️
Sie sind wirklich alle schwarz angezogen und schwatzen in einer Tour. Der Morgen ist wundervoll, der Ausblick über die Berge toll und ich bin froh, dass sie mehr oder minder abseits von uns laufen. Meistens in Hörweite, aber ich verstehe ja eh nix.
Das erste Dorf das wir treffen ist ziemlich schön und ziemlich 3/4 Tod. So wie viele, die ab jetzt folgen. Um uns herum Esel, Ponys, Ziegen und Panorama. Mal mehr mal weniger steil und steinig geht es durch ein schönes, unbewohntes Tal immer weiter hinab. Mitten im Nirgenwo auf einmal ein Schuss. Tschüss Lali. Ich bleibe erstaunlich gelassen als Madame Instant im Gebüsch verschwindet. Nach 30 Sekunden taucht sie wieder auf und mit einem Hechtsprung kann ich sie im vorbeirasen packen. Die nächste halbe Stunde habe ich auf dem schönen Pfad einen Panik-Hund an der Leine und kann den Weg nur halb genießen.
Wir passieren eine Landstraße und eine Art Pferde-Farm. Hinter dem Zaun 2 der üblichen riesigen Hüte-Hunde die uns bellend bis zum Ende des Zauns begleiten. Ich sehe das gelassen, ist ja ein Zaun zwischen uns und das Bellen erstirb irgendwann. Auf einmal doch wieder Bellen, 5 Meter hinter uns - ich drehe mich um und wir werden von dem Shetlandpony großen Kollegen auf 4 Pfoten verfolgt. Hups, da rutscht mir kurz das Herz in die Hose. Wir marschierte tapfer weiter, Lali scheint die Anwesenheit des riesigen, bellenden Hundes eher zu beruhigen. Die Route wandert nach oben und Madame konzentriert sich für einen Moment auf etwas anderes als ihre Panik. Wir werden allerdings nach ein paar 100 Metern (zum Glück!) nicht weiter verfolgt und Lali erinnert sich just daran, dass ja eigentlich alles schlimm ist gerade. Es dauert noch eine weitere halbe Stunde bis sie wieder halbwegs entspannt neben mir läuft und ich ihr genug vertraue, als dass ich die Leine ausklinken kann.
Auf unserem Weg in den nächsten größeren Ort treffen wir noch ein deutsches Paar, ich hatte sie gestern schon kurz in der Herberge gesehen. Sie laufen heute den 2 Tag, haben sich intensiv vorbereitet und machen ordentlich Meter, laufen aber nicht schneller als wir. Das ist einfach der deutlichste Unterschied zwischen pilgernden mit und ohne Hund: wir machen in der Regel um 14/15 Uhr allerspätestens Schluss, weil Lali schlafen muss. Wer nur auf sich selbst aufpassen muss, kann nach einer ausgedehnten Mittagspause natürlich noch weiterlaufen.
Unten im Ort angekommen gibts noch einen netten Schnappschuss und dann rufe ich die Nummer des örtlichen Taxi-Service an, die ungefähr 2 mal an jede Litfaßsäule, jede Regenrinne und jeden Hinkelstein geklebt ist. Der Herr spricht nur spanisch (wirklich dort praktisch), aber ich verstehe das er mich zu irgendeinem Punkt in der Altstadt haben will. Nach einem kurzen Stopp beim Bäcker finde ich den auch und just in dem Moment hält der nette Taxifahrer dort. Wir unterhalten uns auf spenglish und via Google Übersetzer und ich bedeute ihm, dass ich die Stadt überspringen will. Dies ist die letzte wirklich Stadt bis Santiago, verrückt! 🤯
In eben jeden steigt noch ein Deutscher dazu, der nette Fahrer ist peinlich berührt bemüht, in von mir (als Frau) fernzuhalten und dirigiert ihn mit Nachdruck auf den Beifahrersitz. Er fragt auf Englisch, woher er denn käme? Und bietet gleich noch alle deutschen Städte an in denen er jemanden kennt, Stuuttgaard, Beeerlin, Muuumchen? Der Mittvierziger mit blonden, gegeelten Haaren und grüner Steppjacke antwortet in Lupenreienen „warum spricht nicht die ganze Welt deutsch mit mir“ Deutsch „AUS DEM SCHWARZWALD“. Ich möchte Instant die Nationalität wechseln, leider weiß der nette Fahrer schon, dass ich aus Allemana komme. Mr. AUS DEM SCHWARZWALD spricht tatsächlich nix anderes als Deutsch, gibt sich auch keine erkennbare Mühe das zu ändern und zeigt uns bereitwillig und unfreiwillig Fotos seiner riesigen Blase UNTER dem Fuß. Er war gestern im Krankenhaus deswegen, die musste sie aufmachen und säubern etc, deswegen heute das Taxi. Er wäre den Weg aber schon 7 mal gelaufen, einmal ganz, sonst immer Etappen. Was jetzt kommt würde ich lieben. Er würde mir dies und jenes empfehlen, außerdem müsste ich in Spanien auf mein Geld achten, die würden speziell die Deutschen echt ausnehmen diese Spanier.
Ich habe das Gefühl, diese Spanier nehmen nur Leute AUS DEM SCHWARZWALD aus und steige ungeplant eine Ortschaft vor ihm aus.
Es ist bummelig 12 Uhr, wir werden draußen von der Hitze erschlagen und ich lege schnell noch eine Schicht Sonnencreme nach und bedecke meinen linken Arm mit meinem Schal, den finde ich schön gefährlich rötlich. Entlang einer Landstraße geht es 3 km, dann biegen wir final auf einem Feldweg ab für die letzten 2,5 km heute geht es durch Weinberge. Direkt vor und läuft auf einmal Liz, eine Amerikanerin die wir schon seit Wochen kennen (wer sich erinnert, sie war anfangs Teil der großen Gruppe mit dem jungen Ami der sich in Europa am Alkohol ausprobiert). Gemeinsam kämpfen wir uns durch die Hitze bergan bis in den Ort. Lali lässt immer wieder die Route hängen, ich biete ihr alle 10min Wasser an aber sie trinkt eher selten. Das Städchen das uns erwartet ist schön, richtig schön. Und brechend voll mit spanischen Touristen, Ostern (Santa Semana) lässt grüßen. Lali und ich klappern in der Hitze 4 Herbergen ab, alle lehnen aber (entgegen der Markierung in der Camino App) den Hund ab. Obwohl 2 sogar Wasserstationen für Hunde im Hof anbieten. Wir wandern als schon wieder fast aus der Stadt hinaus, hier habe ich eine Herberge angerufen die uns ihren privat Room anbietet, Zack, 30€. Die ganze Geschichte wird echt immer teurer… angekommen lasse ich Wäsche waschen und verziehe mich mit Lali ins kühle Zimmer. Eine Stunde später Creme ich ihr die Pfoten wie jeden Tag ein - auf einmal fängt sie an zu würgen, ich kann sie gerade noch vom Bett bugsieren (auf dem sie natürlich wie immer NICHT liegt), dann spuckt sie ihr Essen des Tages aus.
Ich versuche nicht in Panik auszubrechen, dröhne ihr gleich nochmal den Magenschutz rein und Klage über WhatsApp ausgewählten Personen mein Leid 😉 immerhin das WLAN läuft. Eine Stunde schlafen (für Lali) später will ich raus, einen Supermarkt finden. Keine 2 min auf der Straße fängt es an zu knallen - die Oster-Prozession ist gestartet, sieht aus wie der Ku-Klux-Klan und wird begleitet von Feuerwerk. Lalis Begeisterung könnt ihr euch vorstellen. Ich versuche noch kurz mich um die Ecke in eine Bar zu setzen aber keine Chance, Lali ist in Panik Modus. Also zurück ins Hostel. Ich schildere dem Betreiber mein Leid, der packt gerade eh Lunchpakete (so bekommt man hier sein Frühstück) und drückt mir eins in die Hand. Damit verziehen wir uns aufs Zimmer, in dem man absolut gar nichts hört und das super kühl, fast kalt ist. Zum Abendbrot gibts also ein Sandwich mit Käse, einen Apfel, ein halbes gekochtes Ei (den Rest bekommt Lali) und Kekse. Naja, verhungern werde ich nicht. Dann gehts direkt ins Bett - ich nehme mir vor morgen die Berg-Alternative anstatt der Landstraße zu laufen und stelle mir zwecks Hitze den Wecker auf 6. Hoffe, Lali hat nur deswegen gespuckt und das kann man ja vermeiden!
Fast vorward 5:40 bin ich hellwach im dunklen Zimmer. Ich war vielleicht alle 1,5 Stunden wach, immer wenn Lali sich gerührt hat, immer mit der Angst das es ihr schlecht geht, war aber zum Glück nicht.
Nach der obligatorischen Morgen-Kuschel-Runde mache ich mich schnell fertig, packe den Rucksack heute wieder routiniert.
Um 6:15 sind wir auf der Bahn! Der stockdunklen, menschenleeren. Ich komme zu der Erkenntnis, dass
mein Plan von gestern vielleicht doch Schwächen hat. Im Dunkeln mit einem potentiell kranken Hund alleine in die Berge für 11,5 Km ist vielleicht doch nicht die glorreichste Idee, die ich in den letzten Tagen hatte. Also mach ich’s nicht und folge im Licht des (Voll-?)Mondes der kleinen Landstraße. Auf dem Weg aus dem Städchen steht am Straßenrand ein Auto mit laufendem Motor. Der Fahrer sieht aus wie aus einem schlechten Horrorfilm, den Kopf zur Seite geklappt und schlafend hinterm Steuer. Zum Glück gar nicht gruslig alleine im Dunkeln! Nachdem ich das Auto im Eilschritt passiert habe sehe ich, wie jemand aus dem Haus kommt und einsteigt und den Fahrer weckt. Wäre mir recht gewesen, wenn die Fahrgemeinschaft etwas weniger gruselig ausgesehen hätte.
Wir laufen zunächst direkt auf der kleinen Serpentinen-Landstraße im Mondschein immer an einem
Fluss entlang. Ohne die Straße wäre es echt nett hier…
Dann treffen wir auf die Autobahn, Beigen an ihr entlang rechts ab. Ab hier geht es auf einem Fußweg neben der Landstraße, hinter einer halbhohen Beton-Absperrung, 5km bis ins erste Dorf. Langsam verschwinden über uns die Sterne, dann der Mond und wir laufen flott aber mittelmäßig gelaunt in 50 min bis zur ersten Ortschaft. Auf der Viadukt-Autobahn hört man alle 10 min mal ein Auto, auf der Landstraße neben uns fährt kein einiges. Der erste Ort ist dann genauso wie die Landstraße, komplett tot. Am Ortseingang ein Schubladen-Friedhof, ich weiß, vor den Damen und Herren hier sollte ich am wenigsten Angst haben, trotzdem unheimlich im halbdunkeln.
In dem ursprünglichen 50 Seelen-Ort wohnen vllt noch 10, wenn’s hochkommt. Die beiden Herbergen sind (noch?) geschlossen. Zeit, sich eine Packung Kekse aufzumachen, Frühstück wird’s hier nicht geben. Also weiter entlang der Landstraße, weitere 6 km bis zur Ort 2.
Auch der ist 3/4 leer aber etwas bewohnter, auf der Hälfte die erste geöffnete Bar. Super schön von innen, diese alten Häuser! Hier gibts für mich das klassische „getoastetes Baguette mit Marmelade“ Frühstück und eine Tee und ich bitte den netten Betreiber um ein Taxi in ein Bergdorf. Lali soll heute nicht weiterlaufen und wir müssen Strecke machen, das Futter ist fast alle…
Er telefoniert kurz, bedeutet mir 5 min. Und will dann 23,50€ für das Frühstück haben, ich bin verwirrt bis ich raffe, dass er mich einfach selber fährt.
Die Strecke ist schmal, abenteuerlich, immer entlang der Straße und steil steil steil bergauf. Und ich bin so so froh, dass wir das heute nicht laufen 😂 Auf spanglish unterhalten wir uns nett, er hat seine schöne Herberge erst vor einem Jahr eröffnet, ein Aussteiger aus Madrid. Die Herberge wo ich heute schlafen möchte habe ich auf Booking morgens gebucht, Haustiere erlaubt. Er berichtet das ja leider viele Spanier damit Probleme haben, bei ihm wären wir willkommen gewesen.
Oben auf dem „Gipfel“, in einem winzigen, wunderschönen Bergdorf, wirft er uns raus. Neben genau einer Herberge inklusive Gastwirtschaft gibt es hier genau 120 Kühe, 5 Hunde und 2 Pferde.
Es ist früh, kurz nach 10 und die Betreiber sind verwirrt als ich erkläre, dass ich hier bleiben will. Sprechen, wie so oft, nur spanisch. Und der Hund müsse leider in der Garage schlafen oder ich muss 28€ mehr bezahlen für den Single room. SEUFZ. Was bleibt mir anderes übrig als der finanzielle Ruin. Wir sitzen noch eine Stunde im Restaurant, Lali schläft auf meiner Jacke (im Restaurant ist sie kein Problem…), dann gehts aufs Zimmer. Den Rest des Tages vergingen wir mit Schlafen, wandern 3 mal das Dorf hoch und runter, sitzen in der Sonne und winken den vorbeilaufen Pilgerern. Wir treffen Liz, 2 weitere Amerikanerinnen die wir kennen, die junge Deutsche mit der wir eine Nacht alleine in einer Herberge waren (die mittlerweile in einer „Mannschaft“ läuft) und diverse andere bekannte Gesichter. Auch heute laufen mehrere unbekannte Gesichter an uns vorbei, die aber freudig Lali begrüßen. Tja, so ist das, wenn man mit einer lebenden Legende den Jakobsweg läuft. Mittags gibts für mich ein Glas Wein. Abends zum Menü bekomme ich eine Flasche für mich alleine. An meinem Tisch wandern Kühe und Hütehunde vorbei, der Blick ist spektakulär. Eventuell habe ich dezent einen sitzen, während ich diesen Text erst draußen auf der Terrasse, dann im Restaurant und dann im Zimmer verfasse. Nun schläft Lali auf meinen Füßen, es gab 3 kleine Malzeiten, bisher alles fein. Der Betreiber hat eben nochmal geklopft, mir einen Müsliriegel geschenkt und mir seinen Fingern gezeigt, dass es Frühstück um 8 gibt. Yay, ausschlafen!
Morgen machen wir einen ganz gewöhnlichen Spaziergang, sagenhafte 8km, also echt nix. Nur bergauf, aber das zählt nicht. Dort, in einem Ort mit sage und schreibe 7 Häusern, findet sich das einzige Hostel weit und breit in dem Hunde akzeptiert sind. Übermorgen muss ich mir dann was überlegen, denn da Lali ja morgen wieder komplett gesund ist (*auf Holz klopf*) wird morgen Abend/ spätesten übermorgen fürs das Futter alle sein. Also - entweder gibts n Tag lang Tortilla für sie und wir müssen einen Single Room für 40€ nehmen, oder ein Taxi zur nächsten Futter Station. Bei der muss ich morgen erstmal anrufen, heute Nacht Beete ich noch, dass das Futter angekommen ist.
Mal sehen - je länger ich unterwegs bin, desto spontaner werde ich stelle ich fest.
Der Countdown auf die letzten 100km läuft, Wahnsinn, bald sind wir schon 700 km unterwegs. Ca 70 davon haben wir aktuell mit dem Taxi gemacht, ich finde, das ist noch im Rahmen. Auf jeden Fall muss ich morgen nach einem neuen Credential Ausschau halten, das Pilger-Stempel-Album, denn meins ist voll und ab übermorgen braucht man 2 pro Tag, wenn man am Ende seine Pilgerehrung haben möchte. Und - ich möchte eins für Lali, denn mir haben letzt schon 2 Leute erzählt, dass die Priester auch Hunde ehren 🐶😇🇻🇦Planmäßig sind wir um den 01.05 herum in Santiago - dann wäre genug Zeit für Abreise und zu Hause in Ruhe wieder ankommen.
Bis dahin, a mañana von der Schnapsdrossel und der schlafenden Lali 🤪
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